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Landeselternausschuss benennt Stolpersteine im Umgang mit dem Fachkräftemangel in Kitas

Informationsschieflagen, mangelhafte Zusammenarbeit in der Verantwortungsgemeinschaft und eine klar problemfixierte Herangehensweise bremsen vielerorts die so dringend notwendige Umsetzung der Lösungsansätze aus. Dabei steckt noch einiges an Potential im Kita-System.

Das zeigte sich einmal mehr am vergangenen Donnerstag, den 22.06.2023, bei einer Online-Informationsveranstaltung, zu welcher der Landeselternausschuss der Kitas in Rheinland-Pfalz (LEA) eingeladen hatte. Die LEA-Vorsitzende Karin Graeff stellte gemeinsam mit den Referentinnen des Bildungsministeriums, Xenia Roth und Susanne Skoluda, aktuell mögliche Lösungsansätze im Umgang mit dem Fachkräftemangel vor. Knapp 180 interessierte Eltern, Fachkräfte, kommunale und freie Trägervertretungen aus ganz Rheinland-Pfalz sowie Jugendamtsvertretungen gehörten zu den Teilnehmenden.

„Die Reaktionen auf die Inhalte des Abends spiegeln die Vielfältigkeit des Systems-Kita erstaunlich gut,“ berichtet Karin Graeff. Ein großer Teil der Anwesenden war tatsächlich sehr interessiert daran, sich auf die Lösungsansätze einzulassen. Im Nachgang der Veranstaltung gingen zahlreiche Rückmeldungen ein, die von einer „wertvollen Arbeitsgrundlage“ sprachen und die zeitnahe Zusendung der Präsentationsfolien erbaten, „um direkt loslegen zu können“. Ein anderer Teil der Teilnehmenden war schon während der Vorträge damit beschäftigt, die Vorschläge, ohne konkrete Benennung der Schwierigkeiten, abzulehnen. Immer wieder wurde auch über Sachverhalte geschimpft, die bereits vor der Veranstaltung falsch verstanden wurden. Konstruktive Kritik ging auf diese Weise teilweise unter oder konnte nicht weiterverfolgt werden, weil die Referentinnen damit beschäftigt waren, die inhaltlich falschen Vorwürfe zu entkräften.

„Diese Situation ist für uns nicht neu, sie gehört zum Arbeitsalltag,“ erläutert Gordon Amuser, der stellvertretende Vorsitzende des LEA. „Das Traurige daran ist, dass sich so natürlich nie etwas ändert und unsere Kinder darunter zu leiden haben, dass wir Erwachsenen es nicht schaffen, konstruktiv zusammenzuarbeiten. Veränderung ist ein Prozess, der Zeit benötigt und zielführend von allen Verantwortlichen und Entscheidungsträgern begleitet werden muss. Sich gegen einen gesellschaftlichen Wandel, der bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht wegzudiskutieren ist, grundsätzlich zu verschließen, belastet die Situation im Kita-System von Tag zu Tag mehr.“

Dabei gäbe es durchaus noch einige Möglichkeiten, wie vor Ort auf den Fachkräftemangel eingegangen werden kann. Die sind allerdings mit einem deutlichen Umdenken verbunden. „Auf einem Arbeitnehmermarkt muss eine Kita bestehen können, sowohl gegenüber anderen Kitas, als auch gegen Unternehmen, die gewisse Grundregeln des Arbeitsmarkts bereits seit Jahren verinnerlicht haben,“ führte Graeff in die Veranstaltung ein. Hierfür gebe es keine große, vorgegebene Lösung, sondern eine Vielzahl verschiedener Stellschrauben, an denen die gesamte Verantwortungsgemeinschaft gemeinsam, individuell vor Ort, drehen kann und muss. So kann die Öffnung der Kita für andere, konzeptionell passende Professionen sowohl die Bildungsqualität als auch die Attraktivität einer Einrichtung steigern. Zur Überbrückung kurzfristiger personeller Engpässe können Träger auch geeignete Vertretungskräfte ohne fachliche Qualifikation bis Ende 2028 einstellen. Diese werden ab dem ersten Tag ihres Einsatzes vom Land mitfinanziert und können durch eine berufsbegleitende, vergütete Qualifizierung sogar langfristig im Kita-System gehalten werden. Neben vielen kurzfristigen Handlungsmöglichkeiten, die vor allem in der Verantwortung der Träger und Jugendämter liegen, können sich aber grundsätzlich alle Kita-Akteure durch ihr mittel- und langfristiges politisches Engagement auf kommunaler Ebene und landesweit für eine bessere Finanzierung der frühkindlichen Förderung einsetzen.

Ein großes Hindernis für die Bereitschaft, die Lösungen umzusetzen, die das System bereits bietet, scheinen zwei grundsätzliche Überzeugungen zu sein, die alles andere überschatten. Zum einen die Aussage, dass Kommunen die Ansprüche des KiTa-Systems finanziell per se nicht stemmen könnten. Zum anderen die Aussage, dass man mit den aktuellen Vorgaben für Personalausstattung und Räumlichkeiten den Kindern und ihren Bedarfen schlichtweg nicht gerecht werden könnte. Beides sind stark kontrovers diskutierte Ansichten, die bisher weder eindeutig durch Zahlen und Fakten belegt noch widerlegt werden konnten. „Es ist auch in Ordnung und richtig darüber zu diskutieren. Es ist aber nicht in Ordnung, sich dadurch den aktuellen Möglichkeiten zu verweigern, unseren Kindern jetzt zu helfen. Kindheit lässt sich nun mal nicht wiederholen,“ mahnt Graeff an.